Volland: Die kreative Macht der Maschinen

Was man in diesen Tagen über Künstliche Intelligenz in den Medien lesen kann, ist in der Regel gähnend langweilig oder mit viel Fachbegriffen gespickt. Beides eine Garantie dafür, dass man die Lektüre nicht zu Ende führt. Dabei wird das Thema immer wichtiger – und kann auch höchst spannend dargestellt werden. Der Beweis ist das Anfang 2018 erschienene Buch »Die kreative Macht der Maschinen« des Informatikers und Kulturschaffenden Holger Volland.

Er beginnt erzählerisch mit seinem Staunen über das komplett über Algorithmen erstellte Bild »The next Rembrandt«, das 2016 auf der Frankfurter Buchmesse präsentiert wurde: ein digital verfertigtes Portrait, für das ein Computer sämtliche Bilder des berühmten Niederländers analysierte und die gefundenen Regeln und Eigenheiten auf ein neues Bild anwandte. Der Rechner erfasste Farben, Art und Höhe des Farbauftrags, die Geometrie der Kompositionen, das Spiel mit dem Lichteinfall, die Größenverhältnisse – eine riesige Datensammlung von 15 Terabyte. Was das System daraus mit Hilfe eines 3D-Druckers schuf, wirkte so echt, dass ein Kunstkritiker verblüfft feststellte: »Der Computer hat die Merkmale herausgefunden, die einen Rembrandt zu einem Rembrandt machen.«

Ausgehend von der Begegnung mit diesem technischen Wunderwerk führt Volland durch verschiedene kulturelle Bereiche, erzählt von digital komponierten „Bach-Sonaten“ und Pop-Songs, von Computer-Gedichten, -Romanen und -Drehbüchern. Auf dieser Basis lässt es sich trefflich darüber philosophieren, was wirklich »kreativ« ist und was den Menschen kulturell noch auszeichnet. Volland schreibt dabei nie dogmatisch, sondern lässt Raum für die eigene Meinungsbildung. In einem zweiten Themenkomplex beschäftigt sich der Autor mit der Annäherung von Systemen und Menschen und erklärt, wie Computer unsere Emotionen erkennen, wie sie unsere Sinne verbessern und welche Chancen Liebesbeziehungen zwischen Mensch und Maschine haben.

Volland schafft es, eine gewisse Begeisterung über die neuen Möglichkeiten mit der Sorge um die Risiken der Kommerzialisierung und Monopolisierung zu verbinden. Unbedingt empfehlenswert, wenn man beim Zukunftsthema »Künstliche Intelligenz« mitreden will.

Holger Volland: Die kreative Macht der Maschinen. Warum Künstliche Intelligenzen bestimmen, was wir morgen fühlen und denken. Beltz Verlag 2018. 19,95 Euro.