Fronleichnam
Trauer ist an diesem Tag fehl am Platz: Anders, als der Name vermuten lässt, ist Fronleichnam ein Fest der Freude. Der Begriff entstammt dem Mittelhochdeutschen: »Fron« bedeutet »Herr«, »lichnam« heißt »Leib«. Es geht bei diesem Fest um den Leib des Herrn Jesu Christi, der in der Abendmahlsfeier, der Eucharistie, mitten unter uns ist.
In katholischen Gebieten sind prächtige Prozessionen charakteristisch für Fronleichnam: Zum Zeichen, dass Gott zu uns Menschen kommt, wird die die geweihte Hostie in besonderen Behältnissen, den Monstranzen, und unter einem Baldachin durch Straßen und Felder getragen. Singend und betend wandern die Gläubigen mit und feiern Gottesdienste im Freien.
Für Jahrhunderte war das Fronleichnamsfest mit ein Grund für die Spaltung der Kirche. Die Reformatoren lehnten das Fest als unbiblisch ab. In früheren Zeiten provozierten manche Protestanten ihre katholischen Nachbarn, indem sie an Fronleichnam demonstrativ die Felder düngten.
Zwar sind die Konfessionen in ihrem Verständnis der Eucharistie bis heute geteilter Auffassung, doch wirken an Fronleichnam inzwischen nicht selten auch evangelische Pastoren mit. Prozessionen machen oft an vier Altären Halt, wo die Anfänge der vier Evangelien gelesen werden: Das ganze Evangelium soll in die Öffentlichkeit gebracht, in alle Himmelsrichtungen verkündet werden. »Wir tragen Jesus Christus durch unsere Straßen, weil dort der Platz ist, wo er heute noch lebt und wirkt«, sagen Mitwirkende. Denn der Ort des christlichen Lebens ist nicht das stille Kämmerlein, sondern die öffentliche Auseinandersetzung.