Roland Barthes: Fragmente einer Sprache der Liebe

Mit seinen »Fragments d´un discours amoureux«, erschienen zuerst 1977, schuf der hochangesehene Philosoph, Schriftsteller und Literaturkritiker Roland Barthes ein äußerst ungewöhnliches, faszinierendes Buch, das zugleich ein Bestseller wurde. Barthes montiert darin »Bruchstücke verschiedensten Ursprungs«, wie er in seinem Vorwort sagt, die sich mit der romantischen Liebe beschäftigen: persönliche Erfahrungen und Gespräche mit Freunden, philosophische und psychoanalytische Texte, Opernlibretti, Kunstlieder und zahlreiche Zitate aus der Literatur der Romantik, wie etwa aus Goethes »Leiden des jungen Werther«. Barthes, der Semiologie am berühmten Collège de France lehrte, leistet damit gleichsam eine Diskursanalyse der Liebe.

Die Fragmente sind im Buch nach alphabetisch geordneten Stichworten aufgelistet – bei W findet sich beispielsweise der Begriff »Weinen«. Unter dem Obertitel »Lob der Tränen« gibt Barthes hier Textpassagen zu drei Themen wieder: »1. Wenn der Mensch weint. 2. Arten des Weinens. 3. Funktion der Tränen.« Andere solcher Stichworte sind etwa »Kleidung», »Warum« und »Zärtlichkeit«. 

In allen diesen Bruchstücken äußert sich nach Worten von Barthes stets »ein Liebender, der angesichts des Anderen spricht, der seinerseits schweigt«. Der Philosoph beschreibt ihn so: »Der Liebende hört in der Tat nicht auf, in seinem Kopf hin und her zu laufen, neue Schritte zu unternehmen und gegen sich selbst zu intrigieren. Sein Diskurs existiert immer nur in Gestalt von ›Sprach-Anwandlungen‹, die ihm nach Maßgabe geringfügigster, aleatorischer Umstände zustoßen.«

Die »Fragmente einer Sprache der Liebe« zu lesen ist ebenso herausfordernd wie faszinierend und inspirierend:  Scheinbar sehr willkürlich ausgewählte Stichworte hat Barthes in sinnvoller, vielsagender Weise zusammenstellt.

Roland Barthes: Fragmente einer Sprache der Liebe. Berlin: Suhrkamp 2015. 399 Seiten, 24,95 Euro